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AutorenbildFranziska Petersohn

Kann jede Beziehung funktionieren?


Durch ein Gespräch am Osterwochenende begann ich mir Gedanken über anhaltende Probleme in Beziehungen zu machen. Können wir mit Beratungen, Therapien und neuen Kommunikationsstrategien dafür sorgen, dass sich jede Beziehung verbessern lässt? Oder scheitern wir doch wieder an dem alt bekannten Spruch: "Ihr passt einfach nicht zusammen!" ⁠


In meinen Beratungen und Therapien sind Beziehungen und Beziehungsprobleme immer ein Hauptthema, denn sie tragen zu einem großen Teil zu unserem Lebensglück bzw. Lebensunglück bei. Da erscheint es nicht verwunderlich, dass Menschen versuchen, ihre Beziehungen zu verbessern und dazu auch gern die Hilfe von Experten in Anspruch nehmen.


Verantwortung in Beziehungen

Manche Klienten glauben, dass sie allein für das Glück in der Beziehung verantwortlich seien. Andere denken, dass allein das Verhalten des Partners zum Unglück in der Beziehung beiträgt. Jedoch ist die Verteilung von Schuld und Verantwortung sowohl für Glück als auch für Unglück in Beziehungen immer 50/50. Jeder Partner trägt 50 % Verantwortung für die Beziehung. Demzufolge kann man als ein Teil der Partnerschaft auch nur seine eigenen 50 % zum Guten oder zum Schlechten verändern. Das ist ein entscheidender Punkt, insbesondere in Beratungen. Sehr oft höre ich von meinen Klienten, dass eine Paarberatung gewünscht ist, jedoch der andere Teil der Partnerschaft, dies nicht möchte. Dann bleibt uns in der Arbeit mit den Klient*innen dann auch nichts anderes übrig, als mit dem Menschen zu arbeiten, der gerade vor uns sitzt und hilfreiche Impulse mit nach Hause zu geben. Ein Partner allein kann 50 % seines Beziehungsanteils bearbeiten und verändern, aber dann ist auch das Maximum des Einflusses auf die Beziehung erreicht.


Schauen wir uns also an, was wir mit den 50 %, für die wir Verantwortung tragen, alles erreichen können.



Wie kann man Veränderungen in Beziehungen schaffen?


"Beziehungsprobleme sind Kommunikationsprobleme."


Dem kann ich nur bedingt zustimmen, denn ich habe bisher wenige Beziehungsprobleme gesehen, die tatsächlich reine Kommunikationsprobleme sind. Jedes Kommunikationsproblem hat nämlich einen vielschichtigen Hintergrund, der sich meistens in Schwierigkeiten mit dem Selbstwert, eigenen Problemen und der Vergangenheit eines oder beider Partner findet. Kommunikationsprobleme sind daher eher ein Ausdruck und ein Ergebnis von inneren Schwierigkeiten, die die Partner mit sich selbst austragen. Verbesserungen der Kommunikationsstrategien können allerdings zunächst ein Anfang sein, um eine höhere Zufriedenheit in der Partnerschaft zu erzielen. Reine Veränderungen auf der Kommunikationsebene können z. B. wie folgt aussehen:

  • keine Anschuldigungen und Vorwürfe machen

  • auf Worte wie "immer, nie, alle, jeder" zu verzichten, stattdessen Worte wie "manchmal, selten, häufig etc." verwenden

  • "Du"-Botschaften vermeiden, stattdessen lieber "Ich"-Botschaften formulieren

  • bei großer Wut, den Raum verlassen und erstmal eine Gesprächspause einlegen

  • weniger in Aussagen hineininterpretieren, stattdessen mehr Beobachtungen vornehmen

  • statt Streitthemen aus der Vergangenheit aufzurollen lieber die Vergangenheit ruhen lassen

  • Partner ausreden lassen, nicht die Sätze unterbrechen

  • Respektvoll und sachlich kommunizieren

  • Schimpfworte und Beleidigungen vermeiden

  • manchmal auch nachgeben und nicht bis zum bitten Ende auf seinem Recht beharren

Wenn Sie in Streitgesprächen mit dem Partner auf diese Kommunikationsknackpunkte achten können, wird sich eine ganz neue Form der Streitkultur entwickeln und Sie werden Konflikte konstruktiver und ohne Eskalation lösen können.



"Beziehungsprobleme sind Probleme mit sich selbst"


Die Erfahrungen in meiner psychologischen Arbeit bestätigen diese Aussage. Je mehr Schwierigkeiten, wir mit uns selbst haben, desto mehr Schwierigkeiten treten auch in unserer Beziehung auf. Jede Beziehung fordert uns wieder und wieder dazu heraus, mit uns selbst in Austausch zu gehen. Die wichtigste Beziehung die wir je führen werden, ist die Beziehung mit uns selbst. Alle Schwierigkeiten, die wir mit uns selbst haben, alle Konflikte, die wir mit uns selbst austragen, werden früher oder später auch in unserer Partnerschaft auftauchen. Dies gilt vor allem für Schwierigkeiten in der Gefühls- und Bedürfniswahrnehmung. Das Ignorieren von unangenehmen Gefühlen führt sowohl bei uns selbst als auch in der Partnerschaft zu langfristigen Beschwerden. Eine unzureichende Wahrnehmung und Durchsetzung der eigenen Bedürfnisse führt sowohl als Single als auch in einer Partnerschaft zu Problemen. Wer kein böses Erwachen in der Zukunft möchte, der sollte versuchen von Anfang an klar die eigenen Bedürfnisse und Gefühle zu kommunizieren. Einen wunderbaren Ansatz bietet hierzu die Gewaltfreie Kommunikation, die von Marshall Rosenberg entwickelt wurde. Hierzu habe ich bereits einen Blogartikel verfasst.


Gleichzeitig zeigen sich in romantischen Beziehungen genau die Muster, die uns bereits in unserer ersten Lebensbeziehung geprägt haben. Die allererste tiefe Beziehung, die wir eingehen, ist die zu unseren Bezugspersonen in der Kindheit. Die Erfahrungen in dieser Ursprungsbeziehung prägen unser weiteres Erleben in den späteren Beziehungen in unserem Leben. Menschen die überwiegend angenehme und stärkende Erfahrungen machten, haben einen sicheren Startpunkt für alle späteren Beziehungen. Wer jedoch eher unsichere, kränkende und verletzende Erfahrungen gemacht hat, wird auch eher mit Vorsicht, Argwohn und Angst in die erwachsene Beziehungswelt starten. Ein hilfreiches Buch, welches ich meinen Klienten hierzu empfehlen kann ist "Das Kind in dir muss Heimat finden" von Stefanie Stahl. Hier wird der Leser Schritt für Schritt begleitet, die eigenen Erfahrungen in der Kindheit mit den Problemen im Hier und Jetzt zu verknüpfen und Lösungen zu finden.


Häufig ist die Erarbeitung der eigenen Beziehungsgeschichte allerdings ein schmerzhafter und steiniger Weg, bei dem zu Beginn Vieles im Nebel liegt. Solch einen Weg möchten viele Menschen nicht allein beschreiten. Hierbei kann die Unterstützung durch einen Wegbegleiter hilfreich sein. In meiner Onlineberatung unterstütze ich meine Klienten darin, die Kernproblematik von Beziehungsproblemen zu erkennen und mit Hilfe der so genannten "inneren Kind Arbeit" aus alten Verhaltensmustern auszubrechen, um in eine stabile und vertrauensvolle Liebesbeziehung ohne die Schatten der Vergangenheit eintauchen zu können.



Grenzen der Beziehungsberatung


Beratungen, Paartherapien und neue Kommunikationsstategien können eine Unterstützung dabei bieten, Beziehungen zu verbessern. Gleichzeitig haben sie auch Grenzen, nämlich dort wo ein Partner nicht bereit ist, die eigenen Beziehungsmuster zu hinterfragen und zu bearbeiten. Es kostet sehr viel Kraft, alte Muster zu verändern und neue Gewohnheiten zu etablieren. Wenn nur einer der Partner diese Kraft aufwendet, kann dies zwar zu einer Verbesserung der Beziehung beitragen, es bleiben aber, wie oben beschrieben, 50 % der Arbeit beim anderen Partner liegen.

An dieser Stelle darf dann jeder für sich entscheiden, ob die Verbesserung ausreicht, damit beide glücklich sein können, oder ob es bedeutet, dass die Beziehung auf dieser Basis nicht weiter funktionieren kann. Auch dies stellt eine "Lösung" in Partnerschaftskonflikten dar. Natürlich ist dies nicht die erwünschte Lösung, aber manchmal ist ein Ende des Leidens, der Beginn für einen neuen besseren Lebensabschnitt.




Gibt es Menschen, die nicht zusammen passen?



"Zusammen passen" ist ein sehr schwieriges Konstrukt wenn es um eine Partnerschaft geht. Menschen sind keine Puzzleteile die entweder passen oder nicht. Es gibt auch nicht "den Einen" Menschen auf der Welt, den Topf zum Deckel etc. Wir kennen so viele Sprichworte hinsichtlich "Gleich und Gleich gesellt sich gern" aber auch "Gegensätze ziehen sich an". Das sorgt für viel inneren Druck. Muss mein Partner die gleichen Interessen haben? Müssen wir unsere Sätze gegenseitig beenden? Haben wir etwa zu viele Gemeinsamkeiten? In meiner Erfahrung mit Paaren, muss man sich weder besonders ähneln, noch besonders unterschiedlich sein, um eine glückliche Beziehung zu führen. Der entscheidende Faktor ist die Art und Weise, wie man mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der Partnerschaft umgeht.

  • Bin ich bereit, Kompromisse einzugehen?

  • Kann ich meine Bedürfnisse äußern, ohne dass der Partner gekränkt reagiert?

  • Reagiere ich mit Kränkung oder Ärger, wenn der andere Bedürfnisse äußert?

  • Wie viel Freiheit bin ich bereit zu geben, wie viel Freiheit benötige ich selbst?

  • Wo sind meine Grenzen in der Partnerschaft? Kann ich die Grenzen meines Partners respektieren?

  • Wie lösen wir Konflikte miteinander?

  • Bin ich mir meiner eigenen Muster in Beziehungen bewusst?

Anhand solcher Fragen merken Sie schnell: Das sind keine "Passt es oder nicht"- Fragen. Es sind Hinweise darauf, wohin die Arbeit in der Beziehung gehen kann. Denn das haben alle Beziehungen gemeinsam, sie erfordern viel Arbeit miteinander. So wie sich unser Leben ständig verändert, so unterliegt auch unsere Partnerschaft einer anhaltenden Veränderung. Die Menschen, die gemeinsam diese Veränderungen durchleben, die sich MIT-einander verändern und sich nicht gegenseitig vom Wachstum abhalten, diese Menschen werden wohl das größte Vergnügen aus ihren Partnerschaften ziehen können.


Fazit


Ich glaube, dass bei jedem Paar grundsätzlich die Möglichkeit besteht, eine funktionierende Beziehung zu führen. Dies setzt allerdings voraus, dass beide Partner gleichermaßen dazu bereit sind, sowohl an sich selbst als auch an der Beziehung zu arbeiten. Dazu muss bei beiden Partnern ein Bewusstsein dazu bestehen, dass die Verantwortung für das Gelingen und Scheitern der Beziehung gleichmäßig auf beiden Schultern verteilt ist. Wenn diese Grundeinigkeit besteht, dann haben Paare die Chance miteinander glücklich zu werden.


Take-Home-Message

  1. Partnerschaften gelingen nicht "einfach so", sondern bedeuten Arbeit.

  2. Neue Kommunikationsstrategien können die Qualität der Partnerschaft bereits stark verbessern

  3. Selbstreflektion, Selbstfürsorge und eigene Persönlichkeitsentwicklung wirken sich positiv auf die Partnerschaft aus.

  4. Nur wenn beide Partner zusammenarbeiten und sich auf Augenhöhe begegnen kann Partnerschaft gelingen

  5. Unterstützung von außen durch Beratungen und Therapien kann dabei helfen, die Reibungspunkte in Beziehungen aufzuspüren und aufzulösen.



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