In meiner psychotherapeutischen Arbeit spielen die Gedanken, die meine Klientinnen und Klienten haben, eine große Rolle. Unsere Gedanken haben eine enorme Macht über unser Wohlbefinden. Marcus Aurelius sagte einmal „Das Glück deines Lebens hängt von der Beschaffenheit deiner Gedanken ab". Wie viel Wahrheit in diesem Satz streckt, sehe ich jeden Tag, wenn ich mit meinen Klienten in deren Gedankenwelt abtauche. Viele werden von ihren Gedanken regelmäßig in die Irre geführt. Sie unterliegen so genannten "Denkfehlern", die dazu führen, dass sie Situationen, Personen, Verhalten und sogar sich selbst mit einer bestimmten "Brille" anschauen. Unter einem Denkfehler verstehen wir in der Psychologie eine Fehleinschätzung, einen Irrtum oder eine falsche Schlussfolgerung. Wir bewerten häufig nicht anhand von Fakten und Tatsachen, sondern sehen Situationen mit dem Filter unserer persönlichen Erfahrungen. Hierbei ergeben sich unterschiedliche Kategorien von Denkfehlern, die wir uns im Folgenden einmal näher anschauen wollen.
Das Schwarz-Weiß Denken
Dieser Denkfehler ist den meisten bereits ein Begriff, was viele jedoch nicht davon abhält, ihn wieder und wieder zu begehen. Die Dinge sind gedanklich entweder nur positiv oder nur negativ. Zwischentöne, so genannte Graustufen, werden überhaupt nicht in Betracht gezogen. Häufige Worte die verwendet werden sind: "immer, niemals, nie, jeder, alle, niemand, ...". Beim Schwarz-Weiß-Denken fallen Sätze wie "ich werde es nie lernen", "da ich diese eine Sache nicht kann, bin ich zu nichts fähig", "wenn ich einmal Nein sage, werden mich alle hassen." Dabei vergessen die Betroffenen häufig, dass die Dinge eben nicht so oder so sind, sondern häufig sind die Dinge so und so.
Das Generalisieren
Hierbei schließt man vom Einzelfall auf das Ganze, ohne die aktuelle Situation genauer analysiert zu haben. Es werden vergangene Situationen auf die Gegenwart übertragen, ungeachtet der Tatsache, dass die jetzige Situation völlig andere Parameter haben könnte. Beispiele für das Generalisieren finden sich im Folgenden: "Ich hatte irgendwann mal Angst vor einem strengen Lehrer, jetzt habe ich Angst vor allen Autoritätspersonen", "mir wurde mal im Bus schwindelig, jetzt glaube ich, dass mir bei jeder Busfahrt schwindelig wird", "eine Freundin hat mich mal angelogen, nun glaube ich niemandem mehr".
Sich vorschnell eine Meinung bilden
Man könnte diesen Denkfehler auch mit dem Thema "Vorurteil" überschreiben. Genau das passiert dabei nämlich. Die Beurteilung von Situation oder Person erfolgt unmittelbar nach Beginn oder Zusammentreffen. Wichtige Fakten, werden dabei vollständig ignoriert und man verlässt sich vorschnell auf die Meinung und das Gefühl, was die Situation am Anfang auslöst. Dabei wird jedoch die realistische Wahrnehmung blockiert. Beispielsweise kommt man in einem Raum in dem Leute zusammenstehen und lachen. Wenn man sich vorschnell eine Meinung darüber bildet, könnte man denken "die lachen, weil ich in den Raum gekommen bin". Andere Gründe für das Lachen der Mitmenschen (z. B. dass jemand gerade etwas lustiges erzählt hat) werden nicht in Betracht gezogen. Im schlimmsten Fall wird die Situation direkt wieder verlassen ohne den Wahrheitsgehalt der Gedanken zu überprüfen.
Das Katastrophisieren
Wir kennen sicher alle den Spruch "Aus einer Mücke einen Elefanten machen". Dieser Denkfehler lässt Sie immer sofort das Allerschlimmste vermuten. Wenn der Ehemann zu spät nach Hause kommt, steht er natürlich nicht im Stau, sondern hatte einen schlimmen Unfall. Wenn der Chef Sie zu einem Gespräch bittet, wird sofort die Kündigung vermutet. Eine unangenehme Situation kann bei Vorhandenseins eines solchen Denkfehlers zur nicht zu überlebenden Katastrophe werden. Schnell entstehen Gefühle von Panik und Hilflosigkeit, was eine rationale Betrachtung der Tatsachen nochmal schwieriger werden lässt.
Alles persönlich nehmen
Der Nachbar, der Sie im Treppenhaus nicht grüßt, die Kassiererin, die Ihnen das falsche Wechselgeld gibt und der Kellner der Ihre Bestellung vergessen hat. Menschen, die alles persönlich nehmen, sind in solchen Situationen davon überzeugt, dass dieses Ereignis eindeutig, mit ihnen zu tun hat. Es besteht für sie dann kein Zweifel daran, dass der Nachbar sie nicht grüßt, weil er sie nicht leiden kann, dass die Kassiererin Ihnen absichtlich zu wenig Wechselgeld gibt und dass sie dem Kellern unsympathisch waren und er deshalb ihr Essen vergessen hat. Dieser Denkfehler führt dazu, dass sich die Betroffenen immer weiter zurückziehen, wütend und gekränkt auf Fehler von anderen reagieren und häufig unsicher in persönlichen Beziehungen reagieren.
Was kann man gegen Denkfehler tun?
Um nicht immer wieder in dieselben Fallen zu tappen, die unser Gehirn für uns bereit hält, empfiehlt es sich die Gedanken, erstmal eine ganze Weile zu beobachten und aufzuschreiben. Beim Anlegen und anschließenden Durcharbeiten solcher Gedankenprotokolle fällt dann schnell auf, für welche Arten von Denkfehlern man besonders anfällig ist. Diese Kategorien lassen sich gezielt bearbeiten. Für jeden Denkfehler gibt es hilfreiche Alternativgedanken, die sogar die Stimmung positiv beeinflussen können. Am Anfang erfordert es etwas Übung und bestimmt auch noch einen kleinen Spickzettel, damit einem die hilfreichen Alternativen einfallen. Nach einer gewissen Eingewöhnungsphase werden die positiven Gedanken jedoch stabiler, fallen uns schneller ein und ersetzen bestenfalls Stück für Stück unsere negativen Gedankenmuster.
Diese Art mit Gedanken zu arbeiten nennen wir in der Psychotherapie "kognitive Umstrukturierung". Nicht nur die Bearbeitung von Denkfehlern gehört dazu, sondern noch eine ganze Reihe anderer Techniken, alle mit dem Ziel, die Gedanken in eine positive Richtung zu verändern. Viele meiner Klienten empfinden eine große Erleichterung dabei, wenn Sie endlich alte negative Gedankenmuster ablegen und durch neue positive ersetzen können.
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